Aus „Dao De Jing“ von Lao Zi  Kapitel 2






















Inhaltliche Übersetzung:

Alle Menschen können das Schöne erkennen, weil sie das Häßliche gesehen haben. Alle Menschen wissen, was das Gute bedeutet, weil sie das Schlechte erlebt haben. 
Deshalb bedingen sich Sein und Nichtsein, Alles und Nichts gegenseitig. Schwierig und leicht treten immer gemeinsam auf. Lang und kurz existieren durch den Vergleich. 
Hoch und tief entstehen durch gegenseitiges Messen. Ton und Echo bestimmen einander. Vorne und hinten gibt es nur miteinander. 
Deshalb gilt für erleuchtete Menschen das „Wu Wei", das Nichthandeln, sich dem Strom der Natur überlassen. 
Sie lehren andere nicht durch Worte, überlassen alles dem ihm gemäßen Lauf und wollen nichts besitzen. 
Wenn sie einen Erfolg haben, beanspruchen sie dadurch weder Lob noch Besitz . 
Wer nichts besitzt, muss keine Angst vor dem Verlust haben.


Kommentar:
Was Lao Zi uns hier sagt, erfahren wir in unserem täglichen Leben. Ohne Schönheit gibt es nicht Häßliches, ohne Gutes gibt es nichts Schlechtes. Ohne Kleines nichts Großes. 
Alles ist relativ. Manche Menschen denken, sie hätten kein Glück im Leben, weil nichts besonderes passiert. Sie glauben, sie wären die unglücklichsten Menschen der Welt. 
Ein kranker Mensch jedoch würde sie schon um ihre Gesundheit beneiden. Für einen kranken Menschen würde es schon Glück bedeuten, eine zeitlang keine Schmerzen zu haben. 
Überall gibt es gut und schlecht. Die Menschen zeigen  gern ihre Vorteile und ihre Schönheit und verbergen ihre Nachteile und Schlechtigkeit. 
Kluge Menschen handeln hingegen manchmal im Gegenteil. Beispielsweise sollte man sich nicht zu schön kleiden, wenn man zu einer Hochzeit geht, um nicht das Brautpaar auszustechen. 
Wie man seine Umwelt bewertet, wird auch durch den eigenen Charakter bestimmt.  Dazu  Auszüge aus meinen Romanen: 

Aus dem Roman „Die Tempelglocken von Shanghai“. Seite 199

...Er hatte zwei scharfe Waffen in der Hand. Die erste: „Zuordnung zu Klassen”. Diese Waffe stammte von der Theorie des Klassenkampfes von Karl Marx.

Er teilte seine Gegner einfach einer „unproletarischen Klasse” zu, die in China immer zu einer winzigen Minorität gehörte.

Dann musste sein Gegner auch ein Feind der Arbeiter- und Bauernklasse sein, zu der neunundneunzig Prozent des Volkes gehörten.

Mao benutzte die absolut größte Kraft des ganzen Landes, um ihn zu vernichten.

Die zweite: „Menschen zuordnen”. Das hatte er selbst erfunden. Er rührte seinen wirklichen Gegner zunächst nicht an,

sondern suchte in der Geschichte Chinas oder des Auslands nach jemandem, dessen Stil dem seines Gegners ähnelte. Er brachte Partei und Volk dazu, diesen Menschen,

der unter Umständen schon seit tausend Jahren tot sein konnte, zu kritisieren, bis er überall einen schlechten Ruf hatte.

Dann sagte er dem Volk: „In unserer Partei gibt es einen Machthaber, der genauso ist wie er.” Mao teilte seine Gegner einfach der Seite dieser Menschen zu,

die schon von allen Seiten angegriffen wurden. Dort benutzte er den Hass des Volkes, um seine Gegner zu vernichten.

Diese beiden Waffen benutzte der Vorsitzende Mao immer, jedes Mal war er unaufhaltsam...“


Aus meinem Roman: „Der Meister aus Shanghai". Seite 443

...Man hat zwei Methoden, das innere Gleichgewicht zu beherrschen, wenn man vor dem Erfolg und der Leistung anderer Menschen steht.

Die erste ist, den Erfolg der anderen zu akzeptieren und als Herausforderung zu nehmen.

Man bemüht sich selbst, etwas zu verbessern, und erlangt dadurch innere Ruhe.

Will man den Erfolg der anderen nicht akzeptieren, ist die zweite Methode, Probleme zu suchen, die man in der Öffentlichkeit aufbauscht,

um so die Erfolge der anderen in den Hintergrund zu drängen.

Dadurch kann man auch zu innerer Ruhe gelangen. Manche Menschen sind so, und manchmal ist ein ganzer Staat so!...“



Hong Li Yuan





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